Oratur
Viele Kulturen Afrikas verfügten lange Zeit über keine Schrift und dementsprechend auch nicht über die Tradition der Geschichtsschreibung. Dennoch wurden Geschichte und Geschichten weitergegeben – mündlich.
Diese Art der Wissensvermittlung nennt sich Orale Tradition oder Oratur. Sie ist auch jetzt noch fester Bestandteil diverser afrikanischer Kulturen.
Die Geschichten, Gedichte und Lieder vermitteln vieles, was Angehörige der jeweiligen Gemeinschaft wissen mussten, um in ihrer Umgebung und ihrer sozialen Struktur leben zu können: Moral, Werte und Gesetze ebenso wie Wissen über bestimmte Krankheiten und ihre Heilung, über Ackerbau, Nutztierhaltung, Jagd und Klima.
Auch Geschichte wurde auf diese Weise vermittelt. So entstanden Gedichte darüber, wie Kriege geführt, Herrscher eingesetzt oder Grenzen festgesetzt wurden.
Die Oratur liegt häufig in den Händen beruflicher Geschichtenerzähler – im Westen Afrikas auch Griot oder Griotte genannt: Bei Namensgebungen, Hochzeiten, Totenfeiern werden sie gerufen, um die Person, um die es geht, zu besingen und zu beraten. Allerdings besteht auch konstant die Gefahr, dass Geschichten vergessen werden, wenn ihre Erzähler sterben.
Mit der Digitalisierung und der damit veränderten Infrastruktur für Wissen und Unterhaltung, entstehen nun neue Gefahren für die orale Tradition, ebenso wie neue Möglichkeiten.
Einen Einblick in Oratur gibt South African History Online: mit Beispielen wie der Modjadji Regenkönigin und einer Fabel der San darüber, warum der Hase eine gespaltene Lippe hat.