Impfstoff
Ein Impfstoff bietet einen präventiven und teilweise lebenslangen Schutz vor gefährlichen Erkrankungen. Derzeit gibt es in Europa keinen zugelassenen Impfstoff gegen SARS-CoV-2, dafür werden weltweit mehr als 150 potentielle Impfstoffkandidaten entwickelt und getestet.
Impfstoffe müssen in meist langjährigen und aufwändigen Verfahren sowohl ihre Sicherheit, Verträglichkeit und Schutzwirkung beweisen. Das übliche Vorgehen umfasst mindestens mehrwöchige Tests an Tieren, um (lebens-)gefährliche Nebenwirkungen möglichst auszuschließen.
In den anschließenden, meist mehrjährigen klinischen Studien von Phase 1 bis Phase 3 steigt die Anzahl der Probanden von wenigen Dutzend schrittweise auf mehrere Tausend. Die Dauer der Phasen ist nicht festgelegt, hängt aber von Faktoren wie Probandenanzahl und nötigen Beobachtungszeiträumen ab. Im Schnitt dauert die Impfstoffentwicklung zwischen 7 und 17 Jahren. In den vergangenen Jahren hat sich die Impfstoffentwicklung beschleunigt. Bei SARS-CoV-2 könnten erstmals nach bereits neun Monaten erste Phase 3-Ergebnisse vorliegen.
Für Covid-19 ist auch mit einer schnelleren Zulassung zu rechnen. Im Fall einer Epidemie oder Pandemie können die Zulassungsbehörden die Studien im Eilverfahren genehmigen. Sofern die Daten aus den klinischen Studien vielversprechend sind, kann eine Zulassung binnen weniger Wochen erfolgen. Experten vom zuständigen Paul-Ehrlich-Institut, dem Robert Koch-Institut und des US-amerikanische National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID) rechnen frühestens 2021 mit einem Impfstoff.
Russland hat als erstes Land einen Impfstoff zugelassen: Bereits Ende August soll 2020 soll der Impfstoff mit dem Namen “Sputnik V” auf den Markt kommen. Sputnik V ist eine bewusste Anspielung auf den ersten Satelliten im All, den die Sowjets 1957 starteten – vor den Amerikanern. Die Zulassung des Impfstoffes ist kritisch: Er wurde nur zwei Monate am Menschen erprobt, die Ergebnisse klinischer Studien lagen bei der Zulassung noch nicht vor. Ob der Stoff also verträglich ist, ob er schützt und welche Nebenwirkungen die Impfung mitbringt, ist noch unklar. Zudem sind nur wenige Studiendaten veröffentlicht, was eine Überprüfung durch andere Wissenschaftler erschwert.
Bei Sputnik V handelt es sich um einen sogenannten Vektor-Impfstoff. Dabei werden andere, unschädliche Viren als Transportvehikel genutzt, um Virusinformationen von SARS-CoV-2 einzuschleusen und damit das Immunsystem zu trainieren. Darauf setzen auch andere Forscher.
Bei vielen Impfstoffkandidaten gegen SARS-CoV-2 handelt es sich um sogenannte mRNA-Impfstoffe. Solche Impfstoffe sind neuartig und bislang noch nicht zugelassen. Im Vergleich zu herkömmlichen Impfstoffen enthält das Mittel dabei keine abgeschwächten Viren oder Virus-Reste wie beispielsweise Oberflächenproteine, mit denen das Immunsystem den Erreger erkennt. Stattdessen verabreicht man mit der mRNA genetisches Material des Virus, mit dem der Körper selbst ausschließlich die Angriffsstellen des Virus herstellen, erkennen und abwehren kann. Dies sollte sowohl die Effektivität verbessern als auch mögliche Nebenwirkungen verringern.
Grundsätzlich gibt es Lebend- und Totimpfstoffe. Letztere müssen nach Jahren wiederaufgefrischt werden, weil Antikörper mit der Zeit abgebaut werden. Eine erneute Stimulation von so genannten Gedächtniszellen führt zur erneuten Produktion dieser Antikörper und stellt den Schutz wieder her. Bei einer Grippe-Impfung mutiert der Influenzavirus beispielsweise und die Antikörper schützen nicht vor der neuen Variante. Bei Lebendimpfstoffen lösen die Viren beim Menschen tatsächlich eine abgeschwächte Erkrankung aus, vor der sich der Körper anschließend ein Leben lang wappnet.
Mitte März startete die erste klinische Studie zu einem Corona-Impfstoff in den USA. Ende April wurde die erste klinische Studie zu einem Corona-Impfstoff aus Deutschland zugelassen. An etwa 200 Freiwilligen darf das Unternehmen Biontech vier leicht unterschiedliche, gentechnisch hergestellte Wirkstoffe testen. Für den Berliner Tagesspiegel machen die türkischstämmigen Gründer von BioNtech nicht nur Hoffnung gegen das Virus – sondern auch auf weniger Diskriminierung und mehr Anerkennung für das, was man ist und tut. Die “Welt am Sonntag” schreibt über die weltweite Suche nach dem Impfstoff und die Rolle deutscher Unternehmen. Im November meldet Biontech: Der Impfstoff BNT162b2 biete einen 90-prozentigen Schutz vor dem Coronavirus. Die Tagesschau ordnet die Meldung ein.
Auch in China wird bereits ein Impfstoff an Menschen erprobt, ein sogenannter Coronavirus-Totimpfstoff. Warum diese Studie so viel Beachtung erfährt, erklärt Virologe Christian Drosten im NDR-Podcast, Folge 35.
Der US-amerikanische Sender CNN fasst zusammen, was über den Impfstoff Sputnik V bekannt ist – und was wir noch nicht wissen.
Stand: 17. August 2020