Unter einem Herzinfarkt versteht man das Absterben von Herzmuskelzellen aufgrund einer Durchblutungsstörung des Herzens. Er ist eine Komplikation der Koronaren Herzkrankheit (KHK).

Der Begriff Akutes Koronarsyndrom fasst die instabile Angina pectoris und den Herzinfarkt zusammen. Man kann unterscheiden:

  • instabile Angina pectoris – kein Herzinfarkt, sondern lediglich eine Verschlechterung der koronaren Herzkrankheit
  • STEMI (non ST-segment-elevation myocardial infarction) – Herzinfarkt, der im Labor, nicht aber im EKG diagnostiziert werden kann
  • STEMI (ST-segment-elevation myocardial infarction) – Herzinfarkt, der sowohl im EKG (ST-Strecken-Hebungen) als auch im Labor diagnostiziert werden kann



PATHOPHYSIOLOGIE. Die Ursache eines akuten Koronarsyndrom ist meist eine koronare Herzkrankheit, durch eine Arteriosklerose hervorgerufen. Daher gelten für das akute Koronarsyndrom die gleichen Risikofaktoren:

  • Diabetes mellitus
  • arterielle Hypertonie
  • Rauchen
  • Fettstoffwechselstörungen

Bei einer KHK kommt es im Endothel (innere Schicht der Gefäßwand) der Koronararterien zu einer Einlagerung von Fetten und Kalk (Plaquebildung). Diese Plaques engen das Gefäßlumen zunehmend ein und führen zu Durchblutungsstörungen der Herzmuskulatur (Myokardischämie).

Eine atherosklerotische Plaque in der Gefäßwand einer Koronararterie kann einreißen (Plaqueruptur). Vorbeifließende Thrombozyten (Blutplättchen) erkennen diesen Einriss als Gefäßschaden, wodurch das Gerinnungssystem aktiviert wird. Die Thrombozyten verklumpen und bilden einen Thrombus, der das Blutgefäß weiter einengt bzw. verschließt.

Die Herzmuskelzellen, die von diesem Blutgefäß versorgt werden, überstehen die Minderdurchblutung maximal 2 – 4 Stunden. Danach kommt es zum Zelltod (Herzmuskelnekrose).

Zugrunde gegangene Herzmuskelzellen werden mit der Zeit durch Bindegewebsnarben ersetzt. Dies geht mit einem Funktionsverlust des betroffenen Herzareals einher.




SYMPTOME. Die Symptome entsprechen im Wesentlichen denen einer instabilen KHK (eine Abgrenzung gelingt oft erst durch Labor und EKG):

  • starke thorakale Schmerzen
  • Dyspnoe
  • Kaltschweißigkeit
  • Todesangst
  • Übelkeit und Erbrechen

Ein stummer Infarkt – ohne wesentliche Schmerzen – ist möglich (z.B. beim Diabetes mellitus). Hier äußert sich der Infarkt oft nur durch unklare Oberbauchbeschwerden (z. B. Übelkeit).
Mögliche Komplikationen: Herzrhythmusstörungen (z.B. Kammerflimmern), Herzinsuffizienz bis zum kardiogenen Schock, Herzwandaneurysma, Papillarmuskelabriss



DIAGNOSTIK.

  • In der Akutsituation
    • Anamnese (typische Symptomatik)
    • Messung der Vitalparameter
    • 12-Kanal-EKG (ST-Streckenveränderungen, Herzrhythmusstörungen)
    • Labor (Troponin, CK/CK-MB)
    • Transthorakale Echokardiografie (z. B. Wandbewegungsstörungen)
  • Im weiteren Krankheitsverlauf
    • Herzrhythmusstörungen erkennen (regelmäßige Pulskontrolle)
    • Symptome der Herzinsuffizienz erkennen (Beinödeme, Lungenödem, verminderte körperliche Belastbarkeit)



THERAPIE.
In der Akutsituation:

  • Patienten möglichst nicht alleine lassen und beruhigen
  • Herzbettlagerung
  • Gabe von 4-6 l Sauerstoff
  • Kontinuierliches Monitor-EKG, Pulsoxymetrie, Blutdruckmessung, im Verlauf 12-Kanal-EKG
  • i.v.-Zugang legen (lassen) und Blut abnehmen (Troponin, CK/CK-MB, Gerinnung, Blutbild, Elektrolyte)
  • Vorbereitung und Gabe von Notfallmedikamenten (250 mg ASS, 5000 IE Heparin, bei RRsyst. > 100 mmHg: Nitro-Spray, Morphin, ggf. Beta-Blocker)
  • Eselsbrücke: Morphin, O2, Nitro-Spray, ASS, Beta-Blocker, Heparin (MONA-BH)
  • Anmeldung einer Akut-PTCA und Verlegung in Arztbegleitung
  • Anschließend intensivmedizinische Überwachung

Reperfusionstherapie.

  • Perkutane transluminale Koronarangioplastie (PTCA). Im Rahmen einer Linksherzkatheteruntersuchung kann das verschlossene Koronargefäß durch eine Ballondilatation wiedereröffnet und mit einem Stent offen gehalten werden. Die Wiedereröffnung des verschlossenen Gefäßes mittels PTCA ist bei Patienten mit STEMI die Akuttherapie der Wahl. Bei Patienten mit NSTEMI wird eine PTCA abhängig von deren Risikoprofil empfohlen.
  • Lysetherapie. Ist diese Form der Therapie nicht verfügbar, weil der Transport in eine entsprechende Klinik länger als 90 Minuten dauert, kann bei einem Herzinfarkt auch eine Thrombolysetherapie durchgeführt werden. Bei einer Lysetherapie erfolgt die Wiedereröffnung des Gefäßes nicht mechanisch (wie bei der PTCA mit Ballon und Stent), sondern der Thrombus wird medikamentös aufgelöst. Dafür werden Enzyme wie Tenecteplase (TNK-tPA), Reteplase (rPA) oder Alteplase (rt-PA) intravenös verabreicht.


ACHTUNG: Ein großer Nachteil der Lysetherapie ist, dass die Medikamente in den ganzen Körper gelangen und es in anderen Organen des Körpers zu schweren, ggf. unstillbaren Blutungen (z. B. Hirnblutungen) kommen kann.

  • Bypass-Operation. Eine weitere Möglichkeit der Reperfusion ist die Bypass-Operation. Hierfür gibt es nach einem Herzinfarkt spezielle Indikationen. In der Regel liegt zwischen dem akuten Ereignis und der Operation ein zeitliches Intervall von mindestens 2 Wochen, in dem sich der Zustand des Patienten stabilisieren soll. Eine Notfall-Bypass-Operation kann u. a. bei drohendem kardiogenem Schock oder bei nicht erfolgreicher PTCA indiziert sein.



Weiterführende Maßnahmen.

Bei komplikationslosem Verlauf wird der Patient nach der PTCA bzw. Lysetherapie ca. 2 Tage auf der Intensivstation überwacht – bei aufgetretenen Komplikationen entsprechend länger. Die Vitalparameter (Blutdruck und Puls) werden hier über den Monitor überwacht; es erfolgen eine Flüssigkeitsbilanzierung und eine Messung des ZVD.

In regelmäßigen Blutabnahmen wird überprüft, inwieweit die Konzentration der Herzenzyme im Serum wieder abfällt. Neben dem Verlauf der Herzenzyme ist bei den Laborkontrollen der Kaliumwert sehr wichtig, da ein zu niedriger Kaliumwert (Hypokaliämie) zu Herzrhythmusstörungen führen kann. Darüber hinaus werden EKG-Kontrollen durchgeführt.

Nach einem Herzinfarkt erfolgt die Therapie der zugrunde liegenden KHK mit dem Ziel, einen erneuten Herzinfarkt zu verhindern. Dazu zählen sowohl medikamentöse als auch nicht medikamentöse Therapieansätze der KHK.

Anschlussheilbehandlung. An die Akutbehandlung im Krankenhaus schließt sich in aller Regel eine Anschlussheilbehandlung (AHB) an, die frühzeitig geplant und beantragt werden muss.