Torjubel mit schlechtem Ausgang

Es geht um wenige Minuten...

Wie fast jeden Samstagnachmittag schallt die Live-Übertragung der Fußball-Bundesliga durch das Wohnzimmer. Karl Werner verfolgt auf der Couch das Spiel seiner Mannschaft. Er hat Glück, dass seine Frau dieses Hobby mit ihm teilt. Andere Vorlieben, z. B. das Rauchen, muss er immer rechtfertigen. Hier haben ihn seine Frau und seine Hausärztin äußerst hartnäckig erst kürzlich so weit bekommen, dass er seine „Qualmerei“ (wie die beiden es nennen) auf 10–15 Zigaretten pro Tag und damit die Hälfte reduziert hat.

Die zwei wurden es nicht müde, ihm zu erklären, dass sein Zigarettenkonsum sein Risiko für Schlaganfall, Herzinfarkt und so manches andere erhöht. Außerdem habe es in seiner Familie bisher schon mehrere Fälle von Herzinfarkt gegeben. Was natürlich stimmt, wie er zugeben muss. Sein Onkel und sein Opa waren dabei allerdings wesentlich älter gewesen als er jetzt. Das Übergewicht finden die beiden Damen ebenfalls problematisch. Hier blieb er allerdings stur. Er kennt viele Männer, die mit Ende Mitte 30 und gerne 20 Kilo mehr auf die Waage bringen als er. Und wie soll er als Baggerfahrer groß abnehmen? Die meiste Zeit muss er dabei nun einmal sitzen.

Gerade will er einen Schluck Kaffee nehmen, da verkündet der Sportreporter das 2 : 1 für seine Mannschaft! Seine Frau und er reißen jubelnd die Arme hoch. Dabei spürt Karl plötzlich einen stechenden Schmerz im Rücken, direkt zwischen den Schulterblättern. Auch der linke Arm schmerzt. Das trübt seine Freude zunächst nur wenig, doch als das Spiel bald darauf aus ist, halten die Schmerzen an. Er verflucht die Getränkekisten, die er vorhin die Treppe hoch getragen hat. Es wäre nicht das erste Mal, dass er sich dabei verhoben hätte. Er nimmt eine der Schmerztabletten, die ihm bei Rückenschmerzen immer helfen. Doch die Schmerzen bleiben und werden stärker. Jetzt spürt er sie auch hinter dem Brustbein. Er denkt, dass Ruhe vielleicht das Beste ist und geht an diesem Abend ungewöhnlich früh ins Bett.

Die Schmerzen und das Gefühl in der Brust halten aber weiter an. Schon bald bricht ihm kalter Schweiß aus. Er muss sich wieder aufsetzen, weil er schlecht Luft bekommt. Frau Werner macht sich Sorgen. „Lieber einmal zu oft als zu wenig“, sagt sie sich und ruft den Notarzt, obwohl ihr Mann protestiert.

Es dauert nicht lange, bis der Notarzt da ist. Er gibt Herrn Werner ein Nitrospray unter die Zunge, das aber nicht hilft. Die Schmerzen bleiben. Mit dem Rettungswagen wird Herr Werner in das nahegelegene Klinikum gebracht. Hier wird er sofort auf die Intensivstation verlegt, wo er zur Überwachung an den EKG-Monitor angeschlossen wird und zusätzlich Sauerstoff erhält. Nachdem EKG, Ultraschall und die Blutuntersuchung abgeschlossen sind, steht die Diagnose fest: Herr Werner hatte einen Herzinfarkt. Glücklicherweise scheint aber nur ein kleiner Teil seines Herzmuskels betroffen zu sein. Der Arzt vermutet, dass Herr Werners rechte Koronararterie stark eingeengt ist, und will dies mit einer PTCA genauer untersuchen. Jetzt wartet Herr Werner aufgeregt auf seinen PTCA-Termin und hofft, dass dabei keine Schwierigkeiten auftreten. Mit nur 36 Jahren hätte er nie an einen Herzinfarkt gedacht.