Die Herzchirurgie ist ein wichtiger Pfeiler in der Therapie herzkranker Patienten. Lange Zeit galt dabei die Eröffnung des Brustkorbs als unvermeidlich. Seit einigen Jahren ist dies nicht mehr zwingend erforderlich, da viele kleinere Eingriffe minimalinvasiv oder mittels Herzkatheter durchgeführt werden können, z. B. Aortenklappenersatz, Verschluss von Septumdefekten.

HERZOPERATIONEN

Koronarer Bypass. Wenn andere Therapieverfahren (z.B. PTCA oder Stent-Implantation) nicht möglich sind, muss ein Bypass angelegt werden, der die verengte Stelle umgeht.
In einer Operation wird eine Vene aus dem Bein (V. saphena magna) oder von der Brustwand (A. mammaria) entnommen und am Herzen zur Überbrückung der Engstelle eingesetzt (aortokoronarer Venenbypass = ACVB). Bypass-Operationen am Herzen sind seit Jahren Routineeingriffe in der Herzchirurgie. Es handelt sich jedoch um schwerwiegende Eingriffe, nach denen die Patienten Zeit, Ruhe und Begleitung benötigen, um sich zu erholen. Meist schließt sich an den Eingriff eine Anschlussheilbehandlung in einer Reha-Klinik an. Insbesondere das Verheilen des Brustbeines, das zur Operation am offenen Herzen gespalten werden muss, bereitet den Patienten oft noch lange nach der Operation Beschwerden.

Operationen bei Herzklappenfehlern. Herzklappenfehler können sowohl offen chirurgisch als auch bei bestimmten Indikationen über Herzkatheter operiert werden. Meistens müssen bestimmte Herzklappen aufgrund einer ausgedehnten Insuffizienz oder Stenose ausgetauscht werden. Als Ersatz werden Herzklappen von Schweinen (Xenograft), von verstorbenen Spendern (Homograft) als auch mechanische Metallklappen verwendet. Die mechanischen Klappen versprechen eine lebenslange Haltbarkeit, es ist aber auch eine dauerhafte Antikoagulation (Blutgerinnungshemmung) notwendig. Xenogene und homologe Herzklappen haben eine eingeschränkte Funktionsdauer, es ist aber nur eine kurzfristige bzw. keine Antikoagulation notwendig.

Herztransplantation. In Deutschland werden jährlich ungefähr 400 Herztransplantationen durchgeführt. Da der Patient dabei auf ein Spenderherz angewiesen ist, bestehen lange Wartelisten. Um bei schwerstkranken Patienten trotzdem helfen zu können, werden teilweise moderne, mechanische Pumpsysteme (Kunst-Herz) verwendet, die die Herzfunktion so lange unterstützen, bis ein geeignetes Spenderorgan gefunden ist. Der Patient muss nach der Operation lebenslang immunsupprimierende Medikamente einnehmen, um eine Abstoßung zu verhindern.

Operationen bei angeborenen Herzfehlern. Kleinere angeborene Herzfehler wie Septumdefekte können zum Teil mittels Herzkatheter operiert werden. Größere und komplexere Herzfehler benötigen dagegen eine offen chirurgische Versorgung. Beim sog. hypoplastischen Linksherzsyndrom sind sogar mehrere Operationen notwendig. Da implantiertes Fremdmaterial nicht mit dem Säugling/Kind mitwächst, muss es im Laufe der Jahre mehrfach ausgetauscht werden.




PFLEGE

PRÄOPERATIVE PFLEGE. Kardiochirurgische Eingriffe werden wegen des hohen technischen Aufwands meist in großen Herzzentren durchgeführt. Oftmals werden die Patienten aus anderen Häusern zur Operation dorthin verlegt. Folgende Besonderheiten sind bei der präoperativen Pflege vor Herzoperationen zu beachten:

  • wichtige postoperative Fertigkeiten einüben, z. B.
    • Umgang mit der Thoraxdrainage
    • Schonung des Brustkorbs: keine einseitige Belastung, Aufsetzen im Bett nur mit Bettleiter, Aufstehtechniken ohne Drehung des Brustkorbs
    • Pneumonieprophylaxe mittels Triflow
  • umfassende kardiologische Untersuchungsberichte bereitlegen, z. B. Echokardiografie, Herzkatheteruntersuchung, EKG
  • Rasur von Brust und Abdomen; Beinrasur, wenn für einen Bypass eine Beinvene entnommen werden soll



POSTOPERATIVE PFLEGE. Folgende Besonderheiten sind nach herzchirurgischen Eingriffen zu beachten:

  • Puls und Blutdruck engmaschig überwachen. Da nach einer Herz-OP häufig Herzrhythmusstörungen auftreten, werden intraoperativ Schrittmacherelektroden implantiert, an diesen Elektroden kann bei Bedarf ein externer Herzschrittmacher angeschlossen werden.
  • Notfall erkennen. Bis zum 10. postoperativen Tag besteht die Gefahr einer Herzbeuteltamponade (Notfall!). Erste Symptome sind Blässe, Dyspnoe, Halsvenenstauung und ein steigender ZVD. Im Verlauf kann sich ein kardiogener Schock mit Blutdruck-Abfall, Tachykardie und Oligurie bis hin zum Herz-Kreislauf-Stillstand entwickeln.
  • Sekretmenge und Drainagensystem überwachen. Menge und Konsistenz der Nachblutung überwachen und bei Auffälligkeiten den Arzt informieren.
  • Drainagen entfernen. Im Wundgebiet liegen verschiedene Saugdrainagen, sie können unter dem Sternum (substernal), im Herzbeutel (Perikarddrainagen) oder in der Pleura (Pleuradrainagen) liegen. I.d.R. werden Drainagen nach 2–4 Tagen vom Arzt entfernt.
  • Verband wechseln. der Verband wird meist alle 2 Tage (oder bei Bedarf) gewechselt und auf Entzündungszeichen beobachtet
  • Adäquates Schmerzmanagement. Thoraxchirurgische Eingriffe, bei denen das Brustbein eröffnet oder Rippen stark gedehnt werden, sind sehr schmerzhaft. Ein adäquates Schmerzmanagement muss gewährleistet sein, damit Bewegung möglich ist (Pneumonie- und Dekubitusprophylaxe).
  • Frühmobilisation durchführen. Dabei muss auf eine Sternumschonende Bewegung geachtet werden, besonders bei Sternotomie-Patienten.
  • Seitenlage vermeiden. Nach einer Herzoperation sollten Patienten in den ersten Wochen auf dem Rücken liegen und 90-Grad-Lagerungen vermeiden. 30-Grad-Lagerungen, Mikrolagerungen und Mobilisation dienen dem Wohlbefinden und der Dekubitusprophylaxe.



GESUNDHEITSFÖRDERUNG UND ALLTAGSBEWÄLTIGUNG. Nach der Entlassung wird der Patient meistens noch durch eine Reha-Einrichtung betreut. Danach sollte der Patient sich noch 2–3 Wochen körperlich schonen und auf ruckartige Bewegungen des Brustkorbs verzichten. Die ärztliche Betreuung erfolgt durch einen niedergelassenen Kardiologen. Grundsätzlich sollten alle Patienten zur Risikoreduktion angeregt werden. Hier eignen sich Anti-Raucher-Programme der Krankenkassen und Ernährungsberatung. Um die körperliche Fitness zu trainieren, sollte der Patient einer Herzsportgruppe beitreten.

Kinder mit angeborenen Herzfehlern und ihre Familien benötigen häufig langfristige Betreuung, da es zu Begleiterscheinungen kommen kann. Neben einer reduzierten Leistungsfähigkeit, die sich auch auf die geistige Leistungsfähigkeit ausdehnen kann, kann es zu emotionalen und sozialen Beeinträchtigungen kommen. Beim Kind spielen vereinzelt massive Angst, Depression, sozialer Rückzug eine Rolle, in der Familie kann es zu einer Belastung des Eltern-Kind-Verhältnisses durch die Angst um das herzkranke Kind kommen, zu emotionalen Störungen bei „vernachlässigten“ Geschwistern, aber auch zu Belastungen in der Paarbeziehung der Eltern. Hier spielen neben einer guten medizinischen Betreuung beim Kinderkardiologen weiterführende psychische und soziale Betreuung des Kindes und der ganzen Familie inkl. Schulbetreuung eine wichtige Rolle.