Von wegen Höfesterben, Discountboom und Landflucht – ein Dorf im fränkischen Schwabachtal zeigt, dass es auch anders geht. Dort schlossen sich ein Obstbauer, ein Tierhalter, ein Metzger und ein Müller zu den „Hofläden Gustenfelden“ zusammen – einer erfolgreichen Gemeinschaft, welcher der MR Roth mit Menschen, Maschinen und Know-how zur Seite steht.

Ein Dorf, vier Hofläden

Direktvermarkter tun sich zusammen

Freiheit und Unabhängigkeit – von Industrie, Großhandel und Subventionen. In Gustenfelden, einem 450-Einwohner-Dorf zwischen Nürnberg und Ansbach, wurde dieser Traum für vier Betriebe Wirklichkeit: den Obstbauern Winkler, dem Milch- und Geflügelhof Wagner, dem Direktvermarkter Rosskopf und der Winkler Mühle. Dank ihrer erfolgreichen Kooperation überlebten sie den Strukturwandel in der von kleinstrukturierter Nebenwerbs-Landwirtschaft geprägten Region. Das Schwabachtal war eines der größten Tabakanbaugebiete Deutschlands – bis die EU-Subventionen wegfielen und sich der arbeitsintensive, ertragsarme Tabakanbau nicht mehr lohnte. „Wir waren Quereinsteiger, jede Generation hat etwas Neues probiert“, so Manfred Winkler, heute Obstbauer. Sein Großvater setzte auf Milchvieh und Ackerbau, sein Vater auf Tabak, heute bauen Winklers auf 30 Hektar vor allem Äpfel und Birnen an, aber auch Erdbeeren, Zwetschgen, Haselnüsse, Aprikosen, Pfirsiche, Tafeltrauben und Wildobst für Destillate. Das Obst vermarkten sie im eigenen Hofladen in Gustenfelden, das Gemüse stammt von Kollegen aus der Region.

60 Metzger tun sich zusammen Direkt gegenüber liegt noch ein Hofladen. Der gehört Metzger und Landwirt Jürgen Rosskopf. Auch er wollte unabhängig sein – nicht von der Tabakindustrie, sondern vom Schweinezyklus. „Dass aus mir mal ein Metzger wird, hätte ich nicht gedacht“, so der Herr über 450 Mastschweine, 30 Hektar Land und eine Metzgerei mit Hofladen und Partyservice. Seine Schweine schlachtet er im Genossenschaftsschlachthof in Fürth, noch ein so Gemeinschaftsprojekt. Weil sich der Neubau eines hofeigenen Schlachthauses nicht lohnte, schlossen sich rund 60 Metzger aus der Region zusammen, investierten in neue Gebäude und stellten eine Betreibergesellschaft ein. Das Fleisch verarbeitet Rosskopf zu allerhand Spezialitäten: ob Fränkische Bratwurst, Grillwaren mit hauseigenen Marinaden, Kürbiskernschinken oder Bärlauchwurst – alle Produkte sind hundertprozentig glutamatfrei. Das lockt nicht nur Kunden aus der Region, sondern auch aus den umliegenden Städten Schwabach, Ansbach und Nürnberg. Die schätzen vor allem die Vielfalt und die kurzen Wege der Gustenfeldener Hofläden. Gleich hinter Rosskopfs Metzgerei liegt der Milch- und Geflügelhof der Familie Wagner – ein Beispiel dafür, wie ein Betrieb mit 35 Hektar und 30 Kühen zukunftsfähig sein kann. In der eigenen Hofmolkerei verarbeiten Wagners ihre Kuhmilch zu Trink- und Buttermilch, Käse, Quark und Joghurt. Außerdem verkaufen sie die Eier von 5.500 Legehennen sowie Geflügelfleisch von 150 Bronze-Puten und 500 Weidegänsen.

Spezialitäten im Mühlencafé Der Vierte im Bunde heißt ebenfalls Winkler und betreibt eine Mühle auf der anderen Straßenseite. Die Mühle gibt es seit 700 Jahren. Senior Fritz Winkler betrieb sie viele Jahrzehnte als Landhandel mit Mehlverkauf. Sohn Stefan spezialisierte sich auf besondere Mühlenprodukte, Mühlenführungen und einen großen Mühlenladen mit Mühlencafé. Neben den Klassikern erwarten den Kunden Besonderheiten, die große Mühlen nicht bieten, wie Grünkern-, Emmer- oder Einkornmehl, Gelbmehl oder Lupinenschrot. Bekannt ist die Winkler Mühle für ihre Spezialmischungen für Pizza, Stollen und Kuchen. Im Laden finden sich neben Körnern und Müsli auch Frankenweine, Bio-Bier und Tee, Nudeln, Eis, Marmelade, Tierfutter, Dünger, Geschenkartikel, Bücher, Bio-Kosmetik und ein Paketshop. „Die Kooperation ist einmalig in der Region“, so Harald Winter, Geschäftsführer des MR Roth. Er kennt die Betriebsleiter alle, denn sie arbeiten seit Jahren eng mit dem MR zusammen. Sie beziehen Betriebshelfer zu Arbeitsspitzen, Rosskopf lässt Gülle ausbringen, Wagner lässt Getreide schroten, Miscanthus häckseln, Dreschen und Säen, die Mühle läuft mit MR-Strom und der Hallenbau erfolgte mit dem MR Ansbach. Doch wie gelingt es, vier Bauern seit zwanzig Jahren unter einen Hut zu bringen? „Unsere Zusammenarbeit funktioniert deshalb so gut, weil wir alle unabhängig geblieben sind. Jeder hat seinen Fachbereich und keiner redet dem anderen rein“, so Manfred Winkler zum Geheimrezept der vier, die teilweise miteinander aufgewachsen sind. Rosskopf bestätigt: „Wir haben den Respekt voreinander bewahrt. Jeder macht sein Ding, aber wir halten zusammen.“ Das zeigt sich im gemeinsamen Auftritt: Die vier Betriebe schalten eine gemeinsame Homepage, werben zusammen auf Flyern und Postkarten, betreiben gemeinsame Stände auf Messen und Weihnachtsmärkten, treten im Radio und Fernsehen als Gemeinschaft auf und veranstalten alle zwei Jahre ein großes Hoffest. Bunte Straßenschilder führen die Kunden zu den „Hofläden Gustenfelden“.

„Davon leben und profitieren wir alle“, so Rosskopf. Ein Vorteil ist, dass die vier Hofläden im Umkreis von 100 Metern dicht beieinander liegen. So schauen die Kunden, die zum Metzger gehen, auch kurz im Mühlenladen vorbei und holen noch Milch oder Äpfel. Durch das Zusammenwirken aller bleibt die Kundenfrequenz recht konstant. Ob Schlachtung, Ostereier, Erdbeeren oder Bio-Kosmetik – einer hat immer ein Highlight, das Kunden anlockt und so die anderen Läden mitversorgt. „Für Familien ist das ein richtiger Erlebniseinkauf mit Spaziergang im Grünen und Besuch bei den Tieren“, erzählt Manfred Winkler. Die Kundenzahl stieg stetig mit den Jahren. „Wir sind einzeln gewachsen, haben uns ruhig, vernünftig und langsam weiterentwickelt“, so Rosskopf. „Wir produzieren frisch und regional, beraten gut und pflegen unsere Kundschaft. Das ist unser Geheimrezept.“