Die Antibabypille, auch kurz „die Pille“ genannt, ist das am häufigsten verwendete Verhütungsmittel in den westlichen Industrieländern.  Sie gilt – sofern man die Einnahmeregeln beachtet – als sehr sicherer Schutz vor einer ungewollten Schwangerschaft. 

Steckbrief

 

  Geboren:  29. Oktober 1923 in Wien
†  Gestorben: 30. Jänner 2015 in San Francisco/Kalifornien
  Erreichtes Alter: 91 Jahre
  Eltern: Alice Djerassi (geb. Friedmann, Ärztin) und Samuel Djerassi (Arzt)
  Familie: In dritter Ehe verheiratet mit Diane Middlebrook, aus zweiter Ehe gingen ein Sohn und eine Tochter hervor.
  Beruf: Chemiker, Schriftsteller, Professor
   Entdeckung u. Erfindung:

Antibabypille,

ein Schutz vor einer ungewollten Schwangerschaft

 

 
  • Lebenslauf
  • Carl Djerassi verbrachte seine ersten Jahre in Sofia in Bulgarien. Seine Mutter stammte aus Wien und sein Vater aus Bulgarien. Durch die Heirat seiner Eltern wurde die Mutter bulgarische Staatsbürgerin und ebenso Carl Djerassi.
    Mit der Scheidung seiner Eltern kehrte Djerassi wieder nach Wien zurück. Bis 1938 ging Djerassi in Wien aufs Gymnasium.
    Djerassis Vater heiratete seine Mutter erneut, um ihm und seiner Mutter eine Ausreise aus Österreich zu ermöglichen – Österreich wurde 1938 an das nationalsozialistische Deutsche Reich angeschlossen. Noch im selben Jahr reisten die beiden nach Bulgarien (Djerassi war damals 14 Jahre alt) und wanderten dann ein Jahr später in die USA aus. Da es für Djerassi dort sehr schwer war, aufs College und auf die Universität zu gehen, schrieb er an Eleanor Roosevelt, die Frau des Präsidenten, einen Brief, in dem er sie um ein Stipendium bat. Er hat auch tatsächlich eines bekommen, an einem kleinen College in Missouri.

  • Carl Djerassi und seine Forschung
  • Carl Djerassi hat mit 18 Jahren im Jahr 1941 mit Auszeichnung sein Studium am Kenyon College abgeschlossen. Er schloss sein Doktorstudium 1945 an der University of Wisconsin (eine staatliche Universität in Madison im US-Bundesstaat Wisconsin) ab. In diesem Jahr erhielt Djerassi auch die amerikanische Staatsbürgerschaft. Danach forschte er als Chemiker bei CIBA Pharmaceuticals, wo er eines der ersten kommerziellen Antihistaminika entwickelte. Mit 26 Jahren wurde er teilhabender Forschungsdirektor bei der Pharma-Firma Syntex in Mexico-Stadt.
    Dort versuchte Djerassi Anfang der 1950er Jahre gemeinsam mit dem Forschungsdirektor Luis E. Miramontes, das weibliche Sexualhormon Progesteron künstlich herzustellen und es auch oral aktiv zu machen, was ihnen auch gelang.

  • Die Entwicklung der ersten Antibabypille
  • 1951 entwickelte Djerassi dann gemeinsam mit dem Physiologen Gregory Pincus und dem Gynäkologen John Rock die erste Antibabypille, die in den USA 1960 und in Deutschland 1961 eingeführt wurde.

    1959 war Carl Djerassi Professor für Chemie an der Stanford University. Laut Angaben der Stanford Universität publizierte er mehr als 1200 wissenschaftliche Abhandlungen.
    2004 erhielt Djerassi die österreichische Staatsbürgerschaft, wobei er seine amerikanische Staatsbürgerschaft behalten durfte.
    Carl Djerassi starb am 30. Jänner 2015 in San Francisco an den Folgen seiner Leber- und Knochenkrebserkrankung.


  • Ehrungen, Preise, Auszeichnungen
  • Eine Auswahl:
    1958: ACS (American Chemical Society) Award für Forschungen von NachwuchswissenschafterInnen in Chemie
    1973: National Medal of Science: Nationale Wissenschaftsmedaille, die jährlich vom Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika an WissenschafterInnen verliehen wird
    1978: Wolf Prize in Chemistry: Der Wolf-Preis in Chemie wird von der Wolf-Stiftung jährlich vergeben.
    1978: National Inventors Hall of Fame: Djerassi ist Mitglied in der nationalen Ruhmeshalle für bedeutende ErfinderInnen.
    1991: National Medal of Technology and Innovation: Nationale Auszeichnung für ErfinderInnen und InnovatorInnen, die einen bedeutenden Beitrag zur Entwicklung neuer Technologien geleistet haben, wird vom Präsidenten der Vereinigten Staaten vergeben
    1992: ASC Priestley Medal: Die Priestley-Medaille ist die höchste Auszeichnung der American Chemical Society für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der Chemie.
    Carl Djerassi war außerdem Mitglied der US National Academy of Sciences und der American Academy of Arts and Sciences.
    1999: Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst
    2001: Preis der Gesellschaft Deutscher Chemiker für Schriftsteller
    2002: Großes Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um das Bundesland Niederösterreich
    2002: Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien in Gold
    2003: Großes Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland sowie die Erasmus-Medaille der Academia Europaea
    2004: Goldmedaille des American Institute of Chemists
    2005: Lichtenberg-Medaille der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen sowie Premio letterario Serono in Rom. Zudem erschien in Österreich eine Briefmarke mit seinem Porträt.
    2008: Großes Silbernes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich

    Djerassi erhielt auch zahlreiche Ehrendoktorate, den Nobelpreis hat er jedoch nie bekommen.


  • Das sollte man über die Person auch noch wissen
  • Carl Djerassi interessierte sich besonders für die Kunst und war ein Kunstförderer. Er besaß eine große Sammlung von Werken des deutschen Malers Paul Klee. Einige dieser Werke sind im San Francisco Museum of Modern Art zu sehen sowie in der Albertina in Wien.
    Er begründete die Djerassi-Stiftung sowie das „Djerassi Resident Artist Program“ zur Förderung von MusikerInnen, MalerInnen, SchriftstellerInnen und BildhauerInnen.
    Carl Djerassi wollte die Kunst fördern, weil seine Tochter, die sich das Leben nahm, selber Künstlerin gewesen war. Ihm war es wichtig, KünstlerInnen in einer Weise zu fördern, dass sie eine Zeit lang an einem Herzensprojekt arbeiten konnten, ohne an Geld denken zu müssen.
    Auch für die Literatur hatte er viel übrig, ab den 1980er Jahren veröffentlichte er Lyrik und Kurzgeschichten und war Autor mehrerer Theaterstücke. In vielen seiner Texte thematisierte er die Wissenschaft, aber auch sein eigenes Leben, z.B. seine privaten Krisen (Selbstmord seiner 28-jährigen Tochter, früher Tod seiner dritten Ehefrau).

    Carl Djerassi bezeichnete sich selbst nicht als Vater, sondern als „Mutter der Pille“. Djerassi lehnte den Begriff „Antibabypille“ Zeit seines Lebens ab, weil er diese Verhütungsmethode nicht gegen Babys gerichtet sah, sondern als Mittel für die Unabhängigkeit und Selbstbestimmung der Frau.

    Carl Djerassi hat sich neben seiner naturwissenschaftlichen Forschung auch mit Fragen rund um die gesellschaftliche Auswirkung biomedizinischer Forschung beschäftigt, was dann zu seiner zweiten Karriere als Schriftsteller führte.
    Carl Djerassi sagte über sich selbst, dass er wichtige Entdeckungen in der Chemie eher auf theoretischem Gebiet gemacht habe, diese aber nur schwer zu erklären sind (z.B. Steroidchemie, Massenspektrometrie, optische Rotationsdispersion, …), und dass es ihm darum gehe, neue Methoden in die organische Chemie einzuführen.
    Carl Djerassi war auch der Dialog zwischen WissenschafterInnen und Gesellschaft wichtig, am besten geht das seiner Meinung nach, wenn man wissenschaftliche Themen in eine Geschichte oder ein Theaterstück verpackt und damit die Menschen amüsiert – so lernen sie etwas, ohne es zu wissen.

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