Victor Orbán, Hugo Chávez, Rodrigo Duterte: Donald Trump ist nicht der erste populistische Staatsmann, den die Welt sieht. So geben die Amtszeiten seiner Gesinnungsgenossen Aufschluss darüber, wie Populisten demokratische Grundpfeiler ins Wanken bringen und die Wirtschaft langfristig schwächen. Doch nicht alle Konsequenzen aus populistischer Herrschaft sind negativ.

Ist Populismus immer schlecht?

Wir dachten, wir leben in einer multikulturellen, offenen, Werte-liberalen Welt. Klar gibt es darin immer auch die, die das ganze anders sehen. Spätestens die Wahl von Donald Trump hat gezeigt: Wir haben unterschätzt, wie viele Menschen lieber in einer anderen Welt leben würden, als wir es derzeit noch tun.

Seit den 1960er Jahren hat der Anteil der Stimmen für populistischen Parteien sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene mehr als verdoppelt hat: im Schnitt von 5,1 Prozent auf 13,2 Prozent. Ihr Anteil an Sitzen im europäischen Parlament hat sich sogar fast verdreifacht: von 3,8 auf 12,8 Prozent, wie Studien zeigen.

Wenn das nach wenig klingt, so belegen die Autoren der Studie, dass es gar nicht zwingend um die Menge an Stimmen oder Sitzen ausschlaggebend ist für das Gewicht, das die Stimme von Populisten hat: Selbst in Ländern mit nur wenigen gewählten populistischen Politikern, haben bereits einzelne großen Einfluss auf die Politik der traditionellen Parteien und den öffentlichen Diskurs. Ein Beispiel: Bei der Wahl 2015 hatte die rechtspopulistische UKIP 12,5 Prozent der Stimmen und nur einen einzigen Sitz von 650 im britischen House of Commons erhalten. Trotzdem war sie maßgeblich daran beteiligt, den Austritt Großbritanniens aus der EU in die Wege zu leiten.

Während die wirtschaftlichen und sozialen Konsequenzen des Brexits erst klar werden, wenn er vollzogen ist, zeigen Analysen, welche Auswirkungen populistische Herrscher in anderen Ländern hatten.

Populistische Wirtschaftspolitik schadet denen, die von ihr profitieren sollten

Unter populistische Wirtschaftspolitik verstehen Ökonomen, wenn Politiker Wachstum und Einkommensverteilung betonen und das Risiko von Inflation sowie den Einfluss Schulden, externen Einschränkungen und Reaktionen des Marktes herunterspielen.

Natürlich gibt es immer graduelle Unterschiede und auch nicht-populistische Wirtschaftspolitik kann scheitern. Es ist auch etwas anderes, ob man die USA mit einer Wirtschaftsleistung von knapp 17 Trillionen US-Dollar betrachtet oder Brasilien mit nicht mal einem Achtel davon.

Aber letztendlich gehe es ihnen darum davor zu warnen, dass populistische Wirtschaftspolitik in der Vergangenheit langfristig immer gescheitert ist — und wenn dann immer zu Lasten derer, die sie ursprünglich begünstigen wollte, schrieben die Ökonomen Rüdiger Dornbusch und Sebastian Edwards schon 1991.

Sie haben deswegen anhand von Beispielen aus Argentinien, Brasilien, Peru, Chile, Mexiko und Nicaragua nachgezeichnet, welcher Muster sich im Wirtschaftsprozess unter populistischer Herrschaft ergeben. Sollten wir in Zukunft diese Muster in den USA oder auch in Europa feststellen, können wir zumindest nicht behaupten, uns hätte niemand gewarnt.

Laut dem deutschen und dem chilenischen Ökonomen sind populistische Politiker oft unzufrieden mit der Wirtschaftsleistung und vermitteln den Eindruck, dass alles viel besser laufen könnte. Typischerweise verzeichne das betreffende Land gerade nur mittelmäßiges Wachstum oder gar Stagnation.

Sobald sie im Amt sind, ist ihr erster Schritt, ambitionierte Wirtschaftsprogramme aufzulegen, die Arbeitsplätze schaffen und Wachstum bedeuten. Ab hier durchlaufen populistische Ökonomien dann grob drei Phasen:

In Phase 1 zeigen die Programme Wirkung: All die Versprechen ein, die die Politiker abgegeben haben, treffen ein — die Produktion steigt, mit ihr die Reallöhne, die Arbeitslosigkeit sinkt.

In Phase 2 läuft die Wirtschaft in Engpässe, teils weil die Nachfrage nach heimischen Produkten zu stark steigt, teils weil es zu wenig Austausch mit dem Ausland gibt.

In Phase 3 verstärken sich die Engpässe, die Inflation nimmt zu, Kapital wandert ins Ausland ab, der Wirtschaft fehlt es an Geld. Das Haushaltsdefizit steigt, weil die Steuereinnahmen sinken und dadurch mehr Subventionen nötig sind. Die Regierungen versuchen dann üblicherweise gegenzusteuern, etwa durch Kürzungen der Subventionen. Dadurch fallen die Reallöhne und das ganze Konstrukt gerät ins Wanken, bis das Wirtschaftssystem zusammenbricht.

Zwar mögen populistische Politiker Recht haben mit den Herausforderungen, die sie angehen wollen — etwa ungerechte Einkommensverteilung oder die Verringerung von Armut. Jedoch gäbe es andere Maßnahmen, dagegen vorzugehen, als isolierende und destabilisierende, schließen die Autoren.

Wahlbeteiligung steigt unter rechtspopulistischer Herrschaft

Bei dem Wirtschaftskrimi, den Populismus schreiben kann, hofft man geradezu, dass Populismus auch irgendetwas Positives mit sich bringt. Und tatsächlich ist das der Fall, zumindest wenn man etwas zynischen Humor besitzt. Denn ein Element einer funktionierenden Demokratie verbessert sich tatsächlich messbar: Die Wahlbeteiligung. 2015 untersuchten die Politikwissenschaftler Nathaniel Allred, Kirk Hawkins und Saskia Ruth die Auswirkungen 107 politische Regimes aus 73 Ländern auf die Demokratie. Ihr Ergebnis: Bei linkspopulistischen gibt es keinen nachweisbar signifikanten Effekt. aber rechtspopulistische Parteien erhöhen die Wahlbeteiligung; sowohl indem sie Nicht-Wähler mobilisieren, als auch Wähler der Mitte-Parteien für sich gewinnen können.

Postmarxistische Politiktheoretiker wie Chantal Mouffe und Ernesto Laclau argumentieren daher, dass Populismus die Essenz der demokratischer Politik darstelle; mit ihrer Weltsicht zwängen Populisten Themen auf die Agenda der liberalen Politiker, die diese eigentlich lieber ignorieren würden. Politikwisseschaftler wie Cas Mudde halten dagegen: Populismus sei insofern undemokratisch als dass er jeglichen Oppositionsmeinungen Legitimität abspreche; da Populisten nur von dem einen Volkswillen ausgehen werden alle, die dem vermeintlich universellen Willen widersprechen, als Elite mit Spezialinteresse abgestempelt.

Diese Sichtweise deckt sich mit weiteren Erkenntnissen von Allred, Hawkins und Ruth, sowie einer zusätzlichen Studie der Politologen Christian Houle und Paul Kenny: Populismus von links und rechts untergrabe nicht nur demokratische Kontroversen, sondern grenze Bürgerrechte ein und konzentriere die Macht in den Händen der Exekutive, indem sie institutionelle oder rechtliche Einschränkungen aushöhlen.

Es gibt keine Gewissheit, ob all das unter Trump oder eventuell unter Le Pen oder mit einer stärkeren AfD passieren wird. Fest steht nur: In anderen populistisch regierten Ländern, ist es genau so eingetroffen. Politik und Bürger sollten daher wachsam sein, wenn unsere Welt bleiben soll, wie sie noch ist.